Connors Aufenthalt an der Brewster Academy (2009 - 2012)

Wolfeboro, New Hampshire, USA

Ende August 2009: Nur noch ein paar nervige Formulare mussten zu Beginn im Flugzeug ausgefüllt werden, jedoch war die gesamte Prozedur einfacher mit meinem Visa, das ich nicht nur für ein Jahr, sondern gleich für drei Jahre genehmigt bekommen hatte. Mit all meinem Gepäck (einschließlich Snowboard) ging es dann auch schon in das wirklich nette Örtchen Wolfeboro in New Hampshire. Der älteste Sommerort Amerikas liegt nur ein paar Schritte von meiner Schule entfernt und bietet, so wie meine Schule auch, eine tolle Aussicht auf den See Winnipesaukee. Dort kamen wir ein paar Tage vor Schulbeginn an, um noch die letzten Besorgungen zu machen.

Dann hatte ich mein Einführungstreffen und wurde mit vielen anderen neuen Schülern, national sowie international, in Brewster willkommen geheissen. Was mir sofort auffiel war, dass alle Leute unglaublich freundlich waren und darauf bestanden, mit jedem eine kleine Konversation anzufangen. Die Atmosphäre war nicht steif, ganz im Gegenteil, sie war freundlich und locker. Kaum einer scheute sich davor seinen neuen Mitschülern etwas zu erzählen und auch die Lehrer, die mich dort begrüssten waren alle unglaublich kommunikativ. Einen Tag später durfte ich dann in meinen Dorm einziehen und war erst einmal positiv überrascht vom exzellent ausgestatteten Gemeinschaftsraum mit Kühlschrank, Getränkeautomat, vielen Sesseln und Sofas, Mikrowellen, Wasserspender und Fernseher mit DVD Player. Auch die Seniors, die mir halfen die Taschen in meinen Raum im dritten Stock hochzutragen, waren echt cool. Dieser erst einmal positive Eindruck wurde dann aber von meinem kleinen, leicht stickigen Kabuff von Zimmer erschüttert: Ein Zimmer gerade mal doppelt so groß wie mein Kleiderschrank sollte genug Platz für mich und einen weiteren Zimmerkollegen bieten? Natürlich konnte dieses platzsparende Konzept nur mit einem Etagenbett aufgehen. Was mir jedoch zunächst gar nicht auffiel, war eine kleine Tür in der Ecke des Raumes, in der sich ein kleines Badezimmer befand. Dieses war nun auch wirklich nur so groß wie mein Kleiderschrank zu Hause. Das konnte ja was werden! Egal wie winzig, ein eigenes Badezimmer ist aber ein Luxus - wie mir später alle bestätigten. Zum Glück war ich jedoch vor meinem neuen Kollegen eingezogen und konnte mir die Ecke, sowie das Bett aussuchen. Nachdem erst einmal alles ausgepackt und eingerichtet war, sah das Zimmer zwar noch kleiner, aber doch etwas einladender aus. Ich verabschiedete mich von meinen Eltern und startete meine ersten Monate in Brewster.

Die Eingewöhnungszeit war überraschend kurz und einfach für mich. Ich gewöhnte mich schnell an das Hausaufgaben- und Stundenkonzept. Ich fühlte mich niemals aufgeschmissen, da die Lehrer wirklich jede meiner Fragen beantworteten und mir immer gern unter die Arme griffen. Auch Freunde fand ich schnell, da die Amis sowie auch viele internationale Schüler sofort auf dich zu gehen und dich ernsthaft kennenlernen wollen. Meine Noten waren im Gegensatz zu Deutschland von Beginn an ausgezeichnet und auch auf dem Campus konnte ich mich schnell orientieren. Es fühlte sich fast so an, als wäre ich schon immer dort gewesen. Ein wirklich tolles Gefühl.

Der Alltag war, was für mich besonders wichtig war, sehr organisiert. Es gab von 6 bis 8 Uhr morgens Frühstück, dann 5 bis 6 Unterrichtsstunden, dazwischen Mittagessen, direkt danach Sport und dann Abendessen. An die Essenszeiten musste ich mich als Deutscher erst einmal gewöhnen, da die Amerikaner doch sehr früh Abendbrot essen (von 5 bis 7)! Wegen dem vielen Sport hatte man vor allem im Winter auch nur maximal 20 Minuten Zeit, um sich kurz hinzusetzen und so viel wie möglich zu essen. Das war wirklich gewöhnungsbedürftig. Jedoch war der Sport in Brewster genauso wie der Unterricht ein toller Erfolg für mich. In Deutschland hatte ich zu wenig Zeit mich sportlich zu betätigen, aber hier wurde ich schnell zu einem Athleten. Die Coaches wollen wirklich, dass du im Sport, sowie auch in der Schule dein bestes gibst. Die Wettstreite mit anderen Schulen sind wirklich unglaublich motivierend. Ich startete im Herbst mit Tennis, im Winter trat ich dem Snowboard Team bei und im Sommer machte ich wieder Tennis mit zusätzlich viel Krafttraining im schuleigenen Fitness Studio.

Aber auch auf sozialer und sprachlicher Ebene kann man in einem Jahr unglaublich reifen. Ich war überrascht, wie schnell ich mich an die Sprache gewöhnte und wie stark sich mein Schreiben und meine kommunikativen Fähigkeiten in nur wenigen Monaten verbesserten. Besonders mein Englischkurs war ein überwältigender Erfolg. Über das Jahr hinweg entwickelte ich ein ziemlich umfangreiches englisches Vokabular und meine Essays waren oft sogar besser als die von manchen amerikanischen Studenten. Wow, das war unglaublich! Aber mit dem Erfolg kam auch der Stress. Die Menge an Hausaufgaben und der voll gepackte Schultag machte mir besonders im Wintertrimester zu schaffen. Wenn man dann so gegen 6 oder 7 völlig erschöpft vom Sport in sein Zimmer zurückkam, durfte man sich erst einmal auf mindestens 3 bis 5 Stunden Hausaufgaben freuen. Jeder Tag war eine echte "Challenge" und man war ziemlich ausgelaugt. Ich entwickelte in dem Jahr aber eine gute Selbstdisziplin, nicht nur für das Lernen, sondern auch für das Einhalten von Terminen. Aber das für mich Wertvollste, was ich aus diesem ersten Jahr mitnehmen konnte, war die Entwicklung auf sozialer Ebene. Mein Zimmerkollege war in diesem Sinne eine echte Herausforderung. Er verbrachte den ganzen Tag mit Videospielen und guckte Filme online. Er war allgemein etwas sonderbar, aber ein durchaus herzensguter Mensch. Leider wussten das nicht alle Leute in Brewster und machten es ihm noch schwerer. Eine traurige Sache, die mir bei einem leichten Anflug von Heimweh auch noch extra Ballast für die Seele gab.

Zu den weniger schweren, jedoch ungewöhnlichen Problemen gehörten die strikten Regeln der Schule. In vieler Hinsicht waren sie über die Jahre wohl schon gelockert worden, wie ich zu Beginn des Jahres erfuhr. Aber das änderte nichts an der Tatsache, dass man sich von vielen guten Freunden über das Jahr hinweg verabschieden musste. Ich selbst durfte zu Beginn des Jahres erfahren, wie eingeschränkt die Bewegungsfreiheit im Schulalltag manchmal ist und wie man sich selbst in Gefahr bringen kann, wenn man nicht wirklich jede Regel kennt. Für einen unangemeldeten Kinobesuch, den ich mit Freunden unternommen hatte, wurde ich dann zum Glück jedoch milde bestraft. Ehrlichkeit und Schuldeingeständnis sind hier die entscheidenden Faktoren. Egal, wie lächerlich euch manche Regeln doch erscheinen werden, macht niemals den Fehler diese im Schulgericht zu diskutieren und sie auf die leichte Schulter zu nehmen. So lange ihr höflich seid und euch zu euren Fehler bekennt, rechnet euch das die Schule hoch an.

Dass es einige Dinge geben würde, die mir nicht gefallen würden, war zu erwarten. Jedoch war mein erstes Jahr in Brewster das wohl schönste meines Lebens. Wegen toller Noten, guter Freunde, neugewonnener Motivation und Spaß am Lernen und Bewegung entschied ich mich dazu mein Schulkarriere in Brewster fortzusetzen. Auch das Reisen mit Freunden während der Ferien ist ein unvergessliches Erlebnis. Ich war zum Beispiel während den Thanksgiving Ferien in Bermuda und an Weihnachten im wunderschönen Haus meines Zimmerkollegen. Amerikanische Familien sind äußerst gastfreundlich und bestehen darauf dich rundum zu versorgen. Mein Jahr in Amerika war wohl das Ereignisreichste und Sinnvollste, wozu ich mich entscheiden konnte. Die Zeit werde ich niemals vergessen und hoffe, dass auch mein nächstes Jahr genauso gut, wenn nicht sogar noch besser wird, als das vorherige. Vielen Dank ssb für die Beratung und die aufmunternden Kommentare während des ersten Jahres!

Connor verbrachte noch zwei weitere Schuljahre an der Brewster Academy, wo er im Sommer 2012 seinen High School-Abschluss absolvierte.